Waldenserort Palmbach, Stadt Karlsruhe

 

Die Glocken der Waldenserkirche in Palmbach – Klangvolle Botschafter von Glaube, Hoffnung und Liebe

Glockenchronik 1725 bis heute

Die Waldenserkirche in Palmbach steht nicht nur für die bewegte Geschichte einer Glaubensgemeinschaft, sondern auch für gelebte Tradition und Heimat. Einen besonderen Platz in diesem Erbe nehmen die Glocken ein. Sie begleiten das Leben der Gemeinde von Taufe bis zur Beerdigung, rufen zum Gebet, verkünden den Sonntag und tragen ihre Botschaften weit über den Ort hinaus.

Frühe Anfänge und kaiserliche Geschenke

Die Betglocke  Die Betglocke ruft am Morgen, Abend und beim Vaterunser zum Gebet. Sie trägt das Waldenserwappen und die Worte:  „LUX LUCET IN TENEBRIS“ („Das Licht leuchtet in der Finsternis“).Bereits in der ersten kleinen Kirche aus dem Jahr 1725 hing eine Glocke, die die Gläubigen zum Gottesdienst und Gebet rief. Da diese Glocke 1832 einen Sprung bekam, wurde sie eingeschmolzen und daraus eine neue Glocke gegossen.
Ein besonderes Ereignis war die 200-Jahrfeier der Waldenser im Jahr 1901: Sie wurde in Palmbach groß gefeiert, sogar Großherzog Friedrich I. von Baden und seine Gemahlin nahmen daran teil. Als Zeichen seiner Wertschätzung schenkte der Großherzog der Gemeinde eine neue Glocke, da die alte schon länger kaputt war. 

1906 entstand unter Pfarrer Gustav Meerwein die heutige neugotische Kirche. Ihr neuer Turm erhielt drei Glocken, sodass die Gottesdienste und das tägliche Leben wieder vom festlichen Geläut begleitet werden konnten. Für die neuen Glocken trat man mit den Glockengießereien Gebrüder Bachert in Karlsruhe und Rincker in Sinn-Nassau in Verbindung. Den Auftrag erhielt schließlich die Firma Bachert für ein dreistimmiges Glockengeläut in f–as–c mit mittlerer Rippe zum Preis von 3.824 Mark.

Kriegsjahre und Verluste

Wie viele andere Gemeinden musste auch Palmbach in den Wirren des Ersten Weltkriegs (1914–1918) Opfer bringen: Zwei Bronzeglocken wurden eingeschmolzen, nur eine blieb erhalten. Doch bereits 1923 konnte dank großer Anstrengungen eine neue Bronzeglocke bei der Glockengießerei Bachert in Karlsruhe erworben werden. Als die Gemeinde zum 1. Mai 1923 die Anschaffung einer kleinen Glocke beantragte, dürfte die Kirchenbauschuld aus dem Jahre 1906 getilgt gewesen sein. Am 27. November 1932 schließlich wurde unter Pfarrer Diebold Schnebel die neue große Friedensglocke feierlich geweiht – ebenfalls von Gebr. Bachert gegossen, als Ersatz für die im Krieg eingeschmolzene Glocke.

Leider wiederholte sich die Geschichte. Zehn Jahre später, im Winter 1943, zog die Reichsregierung erneut die Palmbacher Glocken ein, um sie für Kriegszwecke einzuschmelzen. So blieb während des Zweiten Weltkriegs nur die kleine Henri-Arnaud-Glocke aus dem Jahr 1923 auf dem Turm erhalten. Sie trägt bis heute die Inschrift: „Über der Heimat liegt Not und Leid. Herr, lass mich künden bessere Zeit.“

Ein Dorf sammelt für neue Glocken

Als Pfarrer Hermann Zwecker aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, machte er es sich zur Aufgabe, wieder ein vollständiges Geläut zu beschaffen. In alten Unterlagen ist nachzulesen, wie engagiert die ganze Gemeinde dabei mithalf. Im August 1950 fand ein großes Glockenfest statt, das mit einem Festgottesdienst begann und bei dem eine erhebliche Spendensumme gesammelt wurde.

Besonders hervorzuheben ist der Palmbacher Schuhfabrikant Walter Tron, der zwei neue Glocken stiftete. So konnten drei neue Gußstahlglocken bei der Bochumer Verein für Gußstahlfabrik bestellt werden. Am 22. Oktober 1950 wurden sie feierlich geweiht – verbunden mit dem Wunsch: „Glaube, Hoffnung, Liebe und Treue sollen unsere Glocken ins Land rufen.“


Die Glocken im Einzelnen "Vier Glocken - vier Botschaften"

Die Tagesglocke

Sie trägt die Inschrift:

„BLEIBET FEST IN DER LIEBE“
dazu das Symbol eines Kreuzes auf einem Herzen.
Ihr Klang ertönt im b′-Ton, sie wiegt 357 kg bei einem Durchmesser von 94 cm, Anschläge je Minute: 58
Gießer: Bochumer Verein 1950
Die Tagesglocke läutet alleine zur Mittags- und Nachmittagszeit.

Die Betglocke

Die Betglocke ruft am Morgen, Abend und beim Vaterunser zum Gebet.
Sie trägt das Waldenserwappen und die Worte:

„LUX LUCET IN TENEBRIS“
(„Das Licht leuchtet in der Finsternis“).
Am unteren Rand ist eingraviert:
„Mich hat Walter Tron in Bamberg seiner Heimatkirche in Palmbach geschenkt.“
Ihr Klang erklingt im as′-Ton, sie wiegt 506 kg bei 105 cm Durchmesser, Anschläge je Minute: 55
Gießer: Bochumer Verein 1950

Die Totenglocke

Die größte Glocke ist der Trauer und Erinnerung gewidmet. Sie trägt die Inschrift:

„NICHTS SEI STÄRKER ALS EUER GLAUBE.“
und das Symbol des Kreuzes auf einem Felsen.
Auch sie verweist auf den Spender Walter Tron.
Sie klingt im f′-Ton, wiegt 840 kg und hat einen Durchmesser von 125 cm, Anschläge je Minute: 51
Gießer: Bochumer Verein 1950

Die Henri-Arnaud-Glocke

Inschrift: ÜBER DER HEIMAT LIEGT NOT UND LEID. HERR, LASS MICH KÜNDEN BESSERE ZEIT 
Die kleine Bronzeglocke von 1923 dient heute als Taufglocke und läutet bei Segnungen. Sie klingt im c″-Ton.
Ihr Gewicht beträgt 270 kg, der Durchmesser 78 cm; Anschläge je Minute: 64
Gießer: Bachert, Karlsruhe 1923

Zusammenspiel und Tradition

Alle vier Glocken zusammen erklingen zu Gottesdiensten, Hochzeiten, Beerdigungen und läuten am Samstagabend den Sonntag ein. Durch die besonderen Klangarkaden des Kirchturms wird ihr Klang weit durch den Ort getragen – eine klingende Verbindung von Geschichte und Gegenwart.

Ein Erbe, das weit klingt

So sind die Glocken der Waldenserkirche in Palmbach weit mehr als schmückende Ausstattung. Sie sind klangvolle Botschafter der Werte, auf denen die Gemeinde gegründet ist: Glaube, Liebe, Hoffnung und Treue. Sie erzählen von den Höhen und Tiefen einer bewegten Geschichte – und geben ihr bis heute Stimme und Widerhall.


Zeitleiste

Die Glocken der Waldenserkirche Palmbach - Klangvolle Zeugen unserer Geschichte

  • 1725
    Erste kleine Waldenserkirche mit einer Glocke errichtet.
  • 1832
    Die beschädigte Kirchenglocke mit Sprung wurde eingeschmolzen und daraus eine neue Glocke gegossen.
  • 1901
    200-Jahrfeier der Waldenser in Palmbach.
    Großherzog Friedrich I. schenkt eine neue Glocke.
  • 1906
    Bau der heutigen Kirche unter Pfarrer Meerwein.
    Turm erhält drei neue Branzeglocken.
  • 1914–1918 (Erster Weltkrieg)
    Zwei Glocken müssen abgegeben und eingeschmolzen werden.
  • 1923
    Neue Bronzeglocke bei Bachert in Karlsruhe gegossen.
  • 1932
    Eine weitere Glocke ergänzt das Geläut.
  • Winter 1943 (Zweiter Weltkrieg)
    Zwei Glocken werden eingezogen und eingeschmolzen. Nur die kleine „Henri-Arnaud-Glocke“ von 1923 bleibt erhalten.
  • 1949
    Wiederaufbau der im Krieg beschädigten Kirche.
  • 1950
    Glockenfest: Spenden und Stiftung durch Walter Tron ermöglichen drei neue Gußstahlglocken.
    Am 22. Oktober feierliche Glockenweihe.
    Motto: „Glaube, Hoffnung, Liebe und Treue sollen unsere Glocken ins Land rufen