Waldenserort Palmbach, Stadt Karlsruhe

 

Wir befinden uns im Skulpturenpark Wettersbach, an der Gemarkungsgrenze zwischen Palmbach und Grünwettersbach.

Hier befindet sich die Stele Nr. 12

Thema A-Seite: Wasserversorgung in Palmbach / Brunnen
Thema B-Seite: Maulbeerbäume und Seidenraupenzucht

Hier am Ortsende von Palmbach endet der Waldenserweg, im folgenden schließt sich übergangslos der Wettersbacher Skulpturenpark an.

 (Web-Schnellzugriff auf diese Stele: www.stele12.waldenserweg.de)


Einladung zur Ausstellung

Der Waldenserverein Palmbach e. V. zeigt vom 23. August bis 14. September 2025 in der Waldenserkirche Karlsruhe-Palmbach die vom Hugenotten- und Waldenserpfad e. V. erstellte internationale Wanderausstellung „Wurzeln schlagen – Menschen und Pflanzen im Exil“Die Ausstellung präsentiert und interpretiert die Beiträge hugenottischer und waldensischer Glaubensflüchtlinge zur Kulturgeschichte von Acker- und Gartenbau, Ernährung und Kochkultur. Sie zeigt den Einfluss der europäischen Geschichte auf die Entwicklung der Kulturlandschaft sowie der Alltagskultur in Küche, Garten und Landwirtschaft.


Waldenser, weiße Maulbeerbäume und die Seidenraupenzucht in Württemberg

Als die Waldenser Ende des 17. / Anfang des 18. Jahrhunderts in Württemberg Zuflucht fanden, standen sie vor der Aufgabe, in der neuen Heimat eine wirtschaftliche Grundlage zu schaffen. Neben Ackerbau und Viehzucht suchten sie – oft im Auftrag oder mit Unterstützung der Obrigkeit – nach zusätzlichen Erwerbsmöglichkeiten. Ein besonders ehrgeiziges Projekt war die Einführung der Seidenraupenzucht, die in jener Zeit europaweit großes Interesse fand. Ziel war es, eine heimische Seidenproduktion aufzubauen und so von teuren Importen unabhängiger zu werden.

Schon 1701 ließ Henri Arnaud, der Anführer und Pfarrer der Waldenser, in der Nähe von Ötisheim eine Maulbeerbaumplantage anlegen. Diese benötigte man, um Seidenraupen züchteten, um aus ihren Kokons Fäden für Seidenstoffe zu spinnen. Diese Pflanzung war eng mit der Gründung des Waldenserortes Des Mûriers (Maulbeerbaum), später Schönenberg genannt, im Jahr 1701 verbunden. Die Blätter der weißen Maulbeerbäume sind die einzige Nahrung der Seidenraupen. Die Pflanzung in Schönenberg war damit eine der frühesten Einrichtungen dieser Art in Württemberg und ein Symbol für den Pioniergeist der Glaubensflüchtlinge, die sich aktiv am wirtschaftlichen Aufbau ihrer neuen Heimat beteiligten.

seidenraupenzuchtDie Seidenproduktion ließ trotzdem einen ganzen Produktionszweig entstehen, den der Seidenstrumpfproduktion. In Dürrmenz betrieben die Waldenser eine “Strumpfwirkerwerkstatt“. In den „Articules“ von 1699 wurde die Niederlassungsfreiheit garantiert. Diese „Strumpfwirkerei“ nahm im 18. Jahrhundert in den Waldensergemeinden einen beachtlichen Aufschwung, was z. B. im Maulbronner Amt zu Rechtskonflikten führte. Doch die Praxis erwies sich als schwierig: Die empfindlichen Raupen litten unter dem kühlen Klima, ihre Aufzucht war äußerst arbeitsintensiv, und die Erträge konnten mit günstiger importierter Seide nicht konkurrieren. So blieb die Seidenraupenzucht in den Waldensergemeinden ein interessantes, aber letztlich gescheitertes Experiment.

Heute erinnern nur noch wenige Relikte – wie alte Maulbeerbäume und schriftliche Überlieferungen – an diese Episode der Siedlungsgeschichte. Sie zeigt eindrucksvoll, wie die Waldenser in Württemberg und in anderen Landesteilen nicht nur ihre religiöse Identität bewahrten, sondern auch offen für Innovationen waren und bereit, neue Wege zu gehen.

Maulbeerbäume in Palmbach

In Palmbach und Untermutschelbach gab es keine Seidenraupenzucht. Dennoch wurden in den letzten drei Jahrhunderten – wie in allen anderen Waldenserorten – aus Tradition immer wieder Maulbeerbäume gepflanzt. So gab es auch in Palmbach sowohl rote als auch weiße Maulbeerbäume. Die Früchte der roten Maulbeere wurden zu Saft oder Marmelade verarbeitet.

Bis in die 1950er-Jahre standen in der Ortsmitte von Palmbach mehrere alte Maulbeerbäume. Heute ist noch ein älterer Baum bekannt, der jedoch erst um 1980 gepflanzt wurde.

Ein Weißer Maulbeerbaum (Morus alba) wurde im Jahr 2016 am Waldenserweg im Skulpturenpark zwischen Palmbach und Grünwettersbach neu gepflanzt.

Foto Seidencocoon: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1871

Siehe auch: Straßennamen erzählen ihre Geschichte - Das "Maulbeergäßchen" in Ötisheim - Schönenberg