Kurze Chronik von Mutschelbach
Die Mutschelbacher Geschichte lässt sich bis in das Jahr 1278 zurückverfolgen. Ursprünglich bestand Mutschelbach aus zwei Dörfern - das badische Obermutschelbach und das württembergische Untermutschelbach. Ein Dorf "Mittelmutschelbach" gab es anfangs nicht. Dort verlief die Badisch-Württembergische Landesgrenze. Erst im 18. Jahrhundert gestattete man einzelnen württembergischen Untertanen dort auf badischem Gebiet zu wohnen.
Ab 1357 gibt es Belege für Untermutschelbach. Untermutschelbach stand in engen Beziehungen zum ebenfalls württembergischen Grünwettersbach. Es kam vermutlich wie Grünwettersbach über die Grafen von Vaihingen an Württemberg und zum Oberamt Neuenbürg. Obermutschelbach blieb Badisch. Entsprechend der Siedlungsentwicklung gehörten Obermutschelbach zur Pfarrei Nöttingen und Untermutschelbach zu Grünwettersbach.
Am 29. und 30. Dezember 1700 besichtigen Vogt Greber aus Maulbronn Grünwettersbach und Mutschelbach wegen der Ansiedlung von Waldensern die aus Mörfelden abreisen wollten. In Grünwettersbach leben noch 30 mündige Bürger (Familienoberhäupter), diese sind gegen die Ansiedlung. Auf ihrer Gemarkung sind 600 Morgen (= ca. 150 ha) Ackerland verwildert. Wegen dem Widerstand der Grünwettersbacher Einwohner wurde im Jahre 1702 ein Teil der Grünwettersbacher Gemarkung abgetrennt und die Waldenser bekamen ihre eigene Gemarkung für ihre Ansiedlung, hieraus wurde der Ort Palmbach. In Mutschelbach lebten noch 9 Familien, dort gibt es 240 Morgen (= ca. 60 ha) verwildertes Land. Die Verhandlungsführer der Waldenser aus Mörfelden-Walldorf sind Pierre Berger und Antoine Blance. Am 30. April 1701 kommen ungefähr 250 Waldenser aus Mörfelden an. 109 Personen werden Grünwettersbach zugeteilt und 59 Personen Untermutschelbach. Außerdem wurden 15 Familien mit 78 Personen im Badischen Kleinsteinbach untergebracht. Die Untermutschelbacher Waldenser wurden im bestehenden Ort angesiedelt. Die Entwicklung Mutschelbachs wurde durch die Ansiedlung dieser Flüchtlingen aus den Waldensertälern westlich von Turin entscheidend geprägt.
Die Waldensergemeinden von Untermutschelbach und Palmbach wurden anfangs von den französischen Pfarrern aus Auerbach versorgt. Die Waldenser in Kleinsteinbach durfen die Gottesdienste nicht besuchen, da sie im Ausland (Baden-Durlach) wohnten. Alle Kleinsteinbacher Waldenser zugen am 14. Juli 1719 in andere deutsche Gebiete weiter. Ab 1720 hatten Untermutschelbach und Palmbach eigene gemeinsame Pfarrer. Die Waldenser errichteten eine eigene Kirche (ein kleines hölzernes Gotteshaus) östlich von Untermutschelbach, die 1793/94 aus Kollektenmitteln neu erbaut wurde. Sie finanzierten den Bau von Kollekten aus der Schweiz, Holland und England. Dieses reformierte (waldensische) Gotteshaus wurde nach dem Zusammenschluss er lutherischen und reformierten Kirche zur Evangelischen Landeskirche Baden im Jahre 1821 überflüssig und abgebrochen. Noch heute erinnern Namen wie Baral, Balzer, Granget, Konstandin, Berger, Piston und Stucky an die waldensische Herkunft zahlreicher Mitbürger und Mitbürgerinnen. Der älteste Teil der heutigen Waldenserkirche in Untermutschelbach, der Chorturm, stammt aus dem 15. Jahrhundert und einzelne Bauelemente dürften sogar aus dem 13. Jahrhundert stammen. Dafür spricht z.B. das romanische Fenster auf der östlichen Seite des Turmes, während ein darüber liegendes Spitzbogenfenster Einflüsse der gotischen Bauweise ebenso überliefert wie das Kreuzrippengewölbe im Turminnern.
Für die neuangekommenen Waldenser begann eine harte Zeit. Die Umgewöhnung von den Alpen in die Ebene fiel ihnen schwer, denn keiner verstand den Pflug zu führen oder Ochsen anzuspannen. Die zugeteilten 150 Morgen Land reichten bei weitem nicht für ein gutes Auskommen. Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurde fast ausschließlich der alpenprovenzalischen Dialekt (Okzitanisch, Patois) und französisch gesprochen, gelehrt und gepredigt. Die Waldenser wurden nach ihrer Ansiedlung von den Einheimischen „Welschen” genannt. Ein Fußweg - von den Deutschen Welschenweg genannt -, der von Palmbach über Langensteinbacher Gemarkung nach Untermutschelbach führte, wurde von den Palmbacher und Untermutschelbacher Waldensern als Verbindungsweg für gegenseitige Besuche und für Kirchgänge genutzt. Dieser Weg zwischen den beiden württembergischen Orten führte über das Gelände der reformierten Markgrafschaft Baden-Durlach, es mussten Landesgrenzen überquert werden. Stupferich gehörte bis 1771 zur katholischen Markgrafschaft Baden-Baden.
Im Tauschvertrag von 1806 wurde Untermutschelbach, Palmbach und Grünwettersbach von Württemberg an Baden abgetreten, danach gehörten Ober- und Untermutschelbach zum Landamt Pforzheim, ab 1821 zum Bezirksamt Durlach und ab 1924 zu Kreis Karlsruhe. Beide Gemeinden wurden 1936 zu Mutschelbach vereinigt.
Bis 1979 gehörte die Evangelische Kirchengemeinde Obermutschelbach zu Nöttingen und Untermutschelbach zu Palmbach, also auch zu unterschiedlichen Kirchenbezirken. Die heutige Evangelische Kirchengemeinde Mutschelbach wurde am 1. Mai 1979 aus den ehemaligen Filialgemeinden Obermutschelbach und Untermutschelbach gebildet. Bis dahin wurden die Jugendlichen aus Untermutschelbach und Palmbach gemeinsam konfirmiert. Seit dem 1. September 1971 ist Mutschelbach ein Ortsteil der neugebildeten Gemeinde Karlsbad.
Text teilweise aus: http://www.kirche-mutschelbach.de und http://www.karlsbad.de/website/de/gemeinde/ortsteile/mutschelbach, ergänzt mit weiteren Waldenserdaten.
Die Waldenser die 1701 nach Mutschelbach kamen
(Text aus Festschrift 275 Jahre Palmbach, September 1976)
Es liegen Kirchenregister aus Villaretto, Walldorf und Palmbach vor. Dazu sind verschiedene Listen vorhanden. Es muss aber noch weitergesucht und geforscht werden, bis gesicherte Angaben über die Gründer vorliegen. Ein erster Überblick soll hier versucht werden an Hand von zwei Listen aus dem Hauptstaatsarchiv in Stuttgart (A 240,46 ad 191) vom 16. Mai 1702:
Liste der Waldenserfamilien in Grünwettersbach 108 Personen,
Liste der Waldenserfamilien in Untermutschelbach 58 Personen,
= zusammen 166 Personen
Dazu wurde die Liste über die Eidesleistung aller Männer über 16 Jahren vom 24. Juni 1701 (A 240,32,45a) eingearbeitet. Aus Grünwettersbach schwuren 38 Männer, aus Untermutschelbach schwuren 16 Männer = zusammen 64 Männer.
Aus jedem Ort fehlt einer der Schwörenden in der Familienliste, so dass die Zahl für Palmbach auf 109, die für Untermutschelbach auf 59, zusammen also auf 168 erhöht. Die Einordnung der Wittfrauen bringt Schwierigkeiten, da sie mit ihrem Mädchennamen, und nicht mit dem ihres Mannes aufgeführt sind.
Daher sind für Palmbach noch unklar die Witwen Anne Aillaud und Marie Piton, und für Untermutschelbach die Witwe Susanne.
Jaques Tron, der auf der Tafel anlässlich des Kirchbaus 1725 genannt wird, ist der Sohn des verstorbenen Jean. Er war von Mörfelden nach Kleinsteinbach gekommen und von dort nach Palmbach, wo er am 1.9.1717 sich durch Einheirat mit Susanne Roux verehelichte. So erklärt es sich, dass auf der Gründerliste der Name Tron nicht erscheint.
Die Liste aller Palmbach Ortsgründer im Jahre 1701 finden Sie hier
Liste der Waldenser die 1701 in Untermutschelbach angesiedelt wurden
Heute Karlsbad, Ortsteil Mutschelbach.
Familien mit gleichem Nachnamen wurden mit laufenden Nummern (1) versehen.
Die Zahlen hinter den Namen geben das Alter an, das aber in verschiedenen Listen oft sehr differiert.
Der Buchstabe E bedeutet, dass der Betreffende den Treueid leistete.
1. ? Witwe Susanne 28
2. „ Tochter Jeanne 6
3. „ Sohn Jean 5
4. Balce (1) Anthoine 50/52 E
5. „ Frau Jeanne 45
6. „ Tochter Susanne 22
7. „ Tochter Marie 18
8. „ Tochter Jeanne 15
9. „ Tochter Anne 11
10. Balce (2) Jean 47/48 E
11. „ Frau Marie 30?
12. „ Sohn Jean 18 E
13. „ Tochter Susanne 17
14. „ Sohn Antoine 11
15. „ Tochter Marie 4
16. „ Sohn Pierre 2
17. „ Sohn Andre 1/2
18. Brun Jacques 22/26 E
19. „ Frau Jeanne 20
20. „ Tochter Marie 2 Monate
21. Coutandin Pierre 24/36 E (heute: Constandin/Konstandin)
22. „ Frau Susanne 18
23. „ Mutter Catherine 55
24. „ Bruder Jacques 24/26 E
25. „ Bruder Jean 19
26. Gayde Witwe Jeanne Gaidou 60
27. „ Tochter Judith 18
28. „ Tochter Jeanne 22
29. Gaydoul David 25 E
30. Guigas (1) Jean 30/35 E maire
31. „ Frau Marie 28
32. „ Mutter Catherine 68
33. „ Tochter Marie 1 1/2
34. Guigas (2) Marie 54
35. Juvenal (1) Barthelemy 80
36. „ Sohn Jean 35 E
37. „ Tochter Jeanne 20
38. „ Tochter Marguerite 24
39. Juvenal (2) Pierre 48/50 E
40. „ Frau Marie 45
41. „ Tochter Marguerite 11
42. „ Tochter Marie 8
43. „ Sohn Jean 5
44. „ Tochter Catherine 2
45. Micol Jacques 60/68 E
46. „ Frau Madeleine 55
47. „ Sohn Jacques 18/20 E
48. „? Nichte Jeanne 18
49. Revior Estienne 30/31 E (heute: Raviol)
50. „ Frau Jeanne 22
51. „ Tochter Susanne 2
52. „ Michel 22/27 E
53. „ Frau Jeanne 20
54. Talmon (1) Estienne 17/20 E
55. „ Schwester Jeanne 20
56. Talmon (2) Jacques 24/36 E
57. „ Frau Marie 22
58. „ Tochter Catherine 2 Monate
59. „ Mutter Catherine 55
Quelle: Festschrift 275 Jahre Palmbach, September 1976