Waldenserort Palmbach, Stadt Karlsruhe

 

Ortsfamilienbücher Palmbach und Grünwettersbach liegen in der Waldenserkirche aus

Beim Gemeindefest am vergangenen Sonntag konnten wir erstmals die Vorabversionen der beiden Ortsfamilienbücher von Palmbach und Grünwettersbach vorstellen. Noch bis zum 27. Juli 2025 haben Sie die Gelegenheit, einen Blick in diese Ergebnisse der Ahnenforschung zu werfen und dabei vielleicht auch Ihre eigene Familiengeschichte zu entdecken.

Die Bücher liegen im Rahmen unserer Fotoausstellung in der Waldenserkirche aus.


Ortsfamilienbuch der Waldensergemeinde Palmbach

Beim Gemeindefest am 13.07.2025 werden wir die Vorabversion vorstellen.

Die in diesem Ortsfamilienbuch aufgeführten Daten stammen überwiegend aus dem Familienbuch der evangelischen Kirchengemeinde Palmbach sowie aus dem Ortssippenbuch von Theo Kiefner: „Die Waldenser auf ihrem Weg aus dem Val Cluson durch die Schweiz nach Deutschland 1532–1820/30“, Band 5.

Die Ahnenforschung im 17. und 18. Jahrhundert ist mit einigen Schwierigkeiten verbunden. In ihrer Heimat sowie in den ersten Jahren nach ihrer Ansiedlung in Deutschland behielten die Waldenserfrauen ihre Mädchennamen bei. Erst mit der Zeit setzte sich die in Deutschland übliche Praxis durch, dass die Frau den Familiennamen ihres Mannes annahm. Ein weiteres Problem stellt der Kalenderwechsel dar: Während die katholischen Gebiete bereits seit 1582 den gregorianischen Kalender verwendeten, blieb das protestantische und lutherische Deutschland zunächst beim julianischen Kalender und führte den Wechsel erst im Jahr 1700 durch. So folgte auf den 18. Februar 1700 direkt der 1. März 1700.

In den Kirchenbüchern von Palmbach aus den ersten hundert Jahren finden sich zudem zahlreiche französische Amts- und Funktionsbezeichnungen, darunter: ancien = Kirchenältester, avocat = Rechtsanwalt, BM = Bürgermeister (auch Gemeinderechner oder Gemeindepfleger), diacre = Kirchenpfleger, maire = Schultheiß, sindic = ebenfalls Schultheiß.

Ortsfamilienbuch Palmbach und Grünwettersbach

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Hintergrundwissen

Kirchenbücher in Württemberg und Baden, Standesämter im Großherzogtum Baden

  • Bis um 1870 wurden Personenstandsdaten hauptsächlich von den Kirchen in Kirchenbüchern (Tauf-, Trau-, Sterberegister sowie als Familienbuch) geführt.
    In Grünwettersbach war dies die lutherische Kirchengemeinde, in Palmbach die reformierte Waldenserkirche, sowohl in der württembergischen, als auch ab 1806 in der badischen Zeit.  Im Jahre 1821 schlossen sich die Kirchen zur Evangelischen Landeskirche in Baden zusammen.
  • Das Großherzogtum Baden war das erste deutsche Land, das flächendeckend zivile Standesämter eingeführt hat – also noch vor dem Deutschen Reich, das dies erst zum 1. Januar 1876 tat.
  • Ab 1870 war die Beurkundung von Geburten, Eheschließungen und Todesfällen nicht mehr kirchlich, sondern zivilrechtlich organisiert. Die bisherigen kirchlichen Register (Tauf-, Heirats-, Sterbebücher) wurden damit durch staatliche Personenstandsregister ersetzt.
  • Auch die Gemeinden Grünwettersbach und Palmbach hatte ihr eigenes Standesamt. Hieraus entstand die Anordnung feuerfeste Räumlichkeiten in den örtlichen Rathäusern zu bauen.
  • Von den evangelischen Gemeinden in Grünwettersbach und Palmbach wurden die Kirchenbücher dennoch bis in die neuere Zeit fortgeführt.  
  • Ab 1938 war im gesamten Deutschen Reich verpflichtend bei jeder Eheschließung ein Familienbuch anzulegen und beim Standesamt des Heiratsortes geführt werden.
  • Die Urkunden in den Standesämtern unterliegen in Deutschland folgenden Sperrfristen: Geburten 110 Jahre, Heiraten 80 Jahre, Sterbefälle 30 Jahre. Die Kirchenbücher sowie freigegebenen Geburts-, Heirats- und Sterberegister der Standesämter sind in zahlreichen Onlineportalen, meist kostenpflichtig, einzusehen.
  • Eine Ahnenforscher-Datei aus der Region vom Jahr 2014 ist hier veröffentlicht: http://dateineu.roland-jourdan.de/

Das Familienbuch der Palmbacher Kirchengemeinde

Das heute noch vorhandene Familienbuch wurde im Jahr 1866 von Pfarrer Heinrich Werner als Abschrift des ursprünglich gemeinsam mit Untermutschelbach geführten Familienbuchs erstellt. Pfarrer Stephan Heinrich Werner, geboren im Jahr 1831, war von 1858 bis 1865 in Palmbach tätig.
Am 19. Juli 1860 verfasste er folgendes Vorwort für das neue Familienbuch der Kirchengemeinde und erläuterte dessen Aufbau und Verwendung:

Vorwort von Pfarrer Werner im Familienbuch der Kirchengemeinde Palmbach

(Textformulierung dem heutigen Sprachgebrauch angeglichen)

Bis zum Jahr 1821 gehörte die Filiale Unter-Mutschelbach zur hiesigen Pfarrei. Die Standesbücher enthalten daher bis zu diesem Zeitpunkt auch die in Unter-Mutschelbach Geborenen, Getrauten und Verstorbenen. Im vorliegenden Familienbuch, das sich ausschließlich auf Palmbach bezieht, wurden diese Personen jedoch nicht aufgenommen. Gegenwärtig ist Unter-Mutschelbach eine Filiale der Pfarrei Singen.

Zur besseren Unterscheidung zwischen den ursprünglich französischen und den eingewanderten deutschen Familien sind im Register die Namen der ersteren in lateinischen, die der letzteren in deutschen Buchstaben geschrieben.

Allerdings zeigt sich in den Standesbüchern und anderen alten Urkunden eine gewisse Schwankung in der Schreibweise französischer Namen. Diese ist teilweise auf willkürliche Änderungen durch die jeweiligen Pfarrer zurückzuführen, teilweise auf eine natürliche sprachliche Anpassung und Vereinfachung der altfranzösischen Namen.

Willkürlich erscheint es mir etwa, wenn z. B. „Bonning“ für „Bounin“, „Ruf“ für „Roux“, „Braun“ für „Brun“ oder „Schäfer“ für „Berger“ geschrieben wurde. Solche Änderungen kamen im Zeitraum 1810–1820 unter Pfarrer Georg Weyer bzw. Johann Schwarz gelegentlich, aber nicht konsequent vor. Derartige Schreibweisen führen leicht zu Verwirrung und Missverständnissen bei der Nutzung der Bücher.

Dagegen halte ich folgende Namensformen für natürliche Entwicklungen: „Tron“ statt „Tronc“, „Talmons“ statt „Talmono“, „Piston“ statt „Piton“, „Granget“ statt „Grangette“.

Zur Vermeidung von Missverständnissen sollte besonders auf folgende Namensvarianten geachtet werden:
Schäfer = Berger · Baralle = Baral · Bonning = Bonin = Bounin · Braun = Brun · Contandin = Constantin · Gigas = Guigas · Grangette = Granget · Jordan = Jourdan · Piton = Piston · Ruf = Roux · Sullier = Soulier · Talmono = Talmon · Tronc = Tron

Die jeweils zuletzt genannte Schreibweise halte ich für die passendste, da sie heute die gebräuchlichste ist; dementsprechend wurde sie bei der Erstellung dieses Familienbuches verwendet.

Die Reihenfolge der aufgeführten Familien richtet sich nach dem Datum der Eheschließung, also chronologisch. Zur leichteren Orientierung ist dem Familienbuch ein alphabetisches Register vorangestellt, das jedoch nur die Nachnamen der Männer alphabetisch ordnet – nicht deren Vornamen oder die Namen der Ehefrauen.

Wenn mehrere Männer denselben Nachnamen tragen, entscheidet die Reihenfolge der Eheschließung über ihre Position im Register. So stehen z. B. bei mehreren Trägern des Namens „Jourdan“ nicht Abraham, Daniel, Friedrich, Jakob usw. alphabetisch sortiert, sondern derjenige zuerst, der zuerst geheiratet und damit eine Familie gegründet hat.

Diese Form der Anordnung erleichtert nicht nur das Auffinden der Einträge – da man oft nur den Nachnamen kennt –, sondern auch die spätere Fortschreibung des Registers, da es nicht notwendig ist, neue Einträge zwischen bestehende einzufügen.

Die ersten 17 Ehen, die vor dem Jahr 1794 geschlossen wurden, sind jeweils zu zweit auf einer Seite aufgeführt, da sie nicht vollständig überliefert sind. Ab dem Jahr 1794 beginnt die regelmäßige Ordnung: Jede Familie erhält eine eigene Seite.

Wenn ein Mann nach dem Tod seiner Frau erneut oder sogar mehrfach heiratet, werden alle seine Ehefrauen und Kinder gemeinsam auf derselben Seite verzeichnet. Wenn jedoch die Frau nach dem Tod ihres Mannes erneut heiratet, wird diese zweite Ehe auf einer neuen Seite eingetragen, auf die auf dem Blatt der ersten Ehe hingewiesen wird.

Eine typische Familienseite ist folgendermaßen gegliedert:

  • Zeile 1: Vor- und Nachname des Mannes, Beruf und ggf. Beiname (in Klammern, zur Unterscheidung gleichnamiger Personen)
  • Zeile 2: Geburtsort (wenn nicht angegeben, ist Palmbach zu ergänzen) und Geburtsdatum
  • Zeile 3: Namen der Eltern des Mannes mit Verweis auf die Seite ihrer Familie
  • Zeile 4: Datum der Eheschließung
  • Zeile 5: Name und Geburtsort der Ehefrau
  • Zeile 6: Geburts- und ggf. Sterbedatum der Ehefrau
  • Zeile 7: Namen der Eltern der Ehefrau mit Seitenverweis
  • Zeile 8: Überschrift: Kinder
  • Zeile 9: Hinweise auf uneheliche Kinder, ob vom Mann anerkannt oder nicht
  • Zeile 10 und folgende Zeilen: Namen der Kinder, jeweils mit Geburtsdatum, ggf. Hochzeitsjahr, Name des Ehepartners, Seitenverweis auf die neue Familienseite und ggf. Sterbedatum

Ehelich geborene Kinder folgen unmittelbar, wenn keine vorehelichen vorhanden sind. Bei einer zweiten Ehe des Mannes wird diese direkt nach den Kindern der ersten Ehe angefügt, ebenso wie die Kinder aus dieser Verbindung.

Der Todestag des Mannes – sofern bereits erfolgt – ist unter den Namen aller Kinder vermerkt. Die verwendeten Abkürzungen sind allgemein verständlich und bedürfen keiner weiteren Erklärung.

Palmbach, 19. Juli 1860
Heinrich Werner, Pfarrer


Ausführlicher Hintergrundbericht:

Von der Kirchenbank ins Rathaus: Die Entwicklung der Standesämter und Familienbücher in Grünwettersbach und Palmbach.

Ein Blick für die Ahnenforschung

Für Ahnenforscher stellt die Geschichte der Personenstandsregister eine entscheidende Grundlage dar. Die Übergänge von kirchlichen Aufzeichnungen zu staatlichen Standesämtern und die Einführung von Familienbüchern markieren dabei Meilensteine, die den Zugang zu familiengeschichtlichen Daten maßgeblich beeinflussten. Am Beispiel der Orte Grünwettersbach und Palmbach, deren administrative Zugehörigkeit sich im 19. Jahrhundert entscheidend wandelte, lassen sich die Auswirkungen dieser Entwicklungen besonders gut nachvollziehen.

Vor 1806: Palmbach und Grünwettersbach unter württembergischer Verwaltung – Die Ära der Kirchenbücher

Bis zum Jahr 1806 gehörten Grünwettersbach, Palmbach und auch Untermutschelbach zum Herzogtum Württemberg. In dieser Zeit oblag die Erfassung von Geburten, Eheschließungen und Sterbefällen ausschließlich den kirchlichen Institutionen. Für Palmbach waren dies die protestantischen Kirchenbücher der Waldensergemeinde, für Grünwettersbach der lutherischen Kirchengemeinde. Diese Kirchenbücher stellen für die Ahnenforschung dieser Epoche die primäre Quelle dar. Sie enthalten handschriftliche Einträge, die je nach Sorgfalt des jeweiligen Pfarrers mehr oder weniger detaillierte Informationen liefern: Taufdaten, Namen der Eltern und Paten, Heiratsdaten, Namen der Ehepartner und Trauzeugen, sowie Sterbedaten und Todesursachen. Die besondere Situation Palmbachs als Waldenserkolonie, die sich als reformierte Gemeinde in einem lutherisch geprägten Herzogtum ansiedelte, führte zu eigenständigen Kirchenbüchern, die spezifische Waldensernamen und -traditionen widerspiegeln können. Für die Ahnenforschung bedeutet dies, dass man sich in Palmbach, wie auch in Grünwettersbach auf die jeweiligen kirchlichen Bestände konzentrieren muss, die oft in kirchlichen Archiven oder digitalisierten Sammlungen zu finden sind.

Aus Grünwettersbach liegen folgende Kirchenbücher in den Archiven vor: …………….

In Palmbach sind noch folgende Kirchbücher vorhanden: Familienbuch ab 1766, Taufbuch ab 1857, Trauungen ab 1925 und Beerdigungen ab 1870. Im Zentralarchiv der Landeskirche sind weitere Bücher vorhanden.

Die Kirchenbücher, wie auch die Standesamtregister (Tauf-, Heirats-, Sterbebücher) sind in zahlreichen Onlineportalen, meist kostenpflichtig, einzusehen.

Nach 1806: Palmbach und Grünwettersbach werden badisch – Die allmähliche Etablierung staatlicher Register

Mit dem Preßburger Frieden 1805 und der Neugestaltung Südwestdeutschlands im Zuge der napoleonischen Kriege fielen Grünwettersbach, Palmbach und Untermutschelbach 1806 an das neu gegründete Großherzogtum Baden. Dieser Übergang leitete eine Phase der staatlichen Modernisierung ein, die auch die Personenstandsbeurkundung umfasste. Obwohl die Kirchenbücher weiterhin eine wichtige Rolle spielten, begannen sich die staatlichen Stellen für eine eigenständige Erfassung zu interessieren. Erste Ansätze zur staatlichen Ziviltrauer und -registrierung gab es in Baden bereits in den 1810er Jahren, insbesondere für nicht-christliche Glaubensgemeinschaften wie die Juden, aber auch als Option für konfessionslose Bürger.

Der entscheidende Wendepunkt für ganz Baden war jedoch das Jahr 1870. In diesem Jahr führte das Großherzogtum Baden als eines der ersten deutschen Länder die Zivilstandsämter flächendeckend ein. Damit wurde die Führung von Geburts-, Heirats- und Sterberegistern aus der Hand der Kirchen in die Verantwortung des Staates, genauer gesagt der örtlichen Kommunalverwaltung, übergeben. Für Grünwettersbach und Palmbach bedeutete dies, dass fortan in den örtlichen Rathäusern ein Standesbeamter diese wichtigen Dokumente führte.

Die Einführung der reichsweiten Standesämter 1876 und das Konzept des Familienbuchs

Die badische Vorreiterrolle mündete schließlich in der reichsweiten Gesetzgebung. Mit dem Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875, in Kraft getreten am 1. Januar 1876, wurde die Führung von Standesämtern im gesamten Deutschen Reich obligatorisch. Von diesem Zeitpunkt an waren die staatlichen Personenstandsregister die alleinige und rechtsverbindliche Quelle für familiäre Ereignisse.

Das Familienbuch im modernen Sinne, wie es Ahnenforschern heute oft begegnet und das die Daten einer Ehe und der aus ihr hervorgegangenen Kinder zusammenfassend darstellt, wurde in seiner Form als eigenständiges Register jedoch erst deutlich später und in mehreren Schritten im deutschen Personenstandsrecht etabliert.

Mit der Einführung des Gesetzes über das Familienbuch im Jahr 1938 wurde das Familienbuch als separates Dokument eingeführt, das eine zentrale Rolle in der damaligen Rassenpolitik spielte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Familienbuch durch das Personenstandsgesetz von 1957 (in Kraft getreten 1958) als wesentlicher Bestandteil der Personenstandsregister neu definiert. Es diente fortan der leichteren Nachvollziehbarkeit familiärer Zusammenhänge und war für jeden Eheakt im Standesamt anzulegen.

Für die Ahnenforschung in Grünwettersbach und Palmbach bedeutet dies, dass man für die Zeit vor 1876 primär auf die Kirchenbücher der Gemeinden zurückgreifen muss. Ab dem 1. Januar 1876 sind die Geburts-, Heirats- und Sterberegister der Standesämter die maßgeblichen Quellen, die Kirchenbücher wurde von den evangelischen Gemeinden in Grünwettersbach und Palmbach bis in die neuere Zeit fortgeführt.  

Die freigegebenen Geburts-, Heirats- und Sterberegister der Standesämter sind in zahlreichen Onlineportalen, meist kostenpflichtig, einzusehen.

Warum wurden Familienbücher im Rathaus geführt:

Die Gründe für die Einführung und Führung von Familienbüchern (bzw. Personenstandsregistern im Allgemeinen) durch staatliche Stellen im Rathaus sind vielfältig und spiegeln die Entwicklung des modernen Staates wider:

  1. Säkularisierung und staatliche Kontrolle: Im Zuge der Säkularisierung und der Stärkung des Staates im 19. Jahrhundert wollte der Staat die alleinige Hoheit über die Erfassung und Verwaltung der Personenstandsdaten erhalten. Zuvor war dies weitgehend in der Hand der Kirchen, was zu uneinheitlichen Praktiken und fehlender staatlicher Übersicht führte.
  2. Rechtssicherheit und Eindeutigkeit: Staatlich geführte Register boten eine höhere Rechtssicherheit und Eindeutigkeit bezüglich des Personenstandes (Geburt, Ehe, Tod). Dies war wichtig für:
    • Erbrecht: Eindeutige Nachweise von Geburten, Eheschließungen und Todesfällen waren essentiell für die Klärung von Erbansprüchen.
    • Staatsangehörigkeit und Bürgerrechte: Die genaue Erfassung des Personenstandes war grundlegend für die Bestimmung der Staatsangehörigkeit und die Verleihung oder Entziehung von Bürgerrechten.
    • Militärdienstpflicht: Für die Erfassung wehrpflichtiger Männer waren genaue Geburtsdaten unerlässlich.
    • Sozialleistungen und Steuern: Eine verlässliche Datengrundlage war für die Verwaltung von Sozialleistungen und die Erhebung von Steuern notwendig.
  3. Verbesserte Verwaltung und Statistik: Die zentrale Erfassung im Rathaus ermöglichte eine effizientere und systematischere Verwaltung der Bevölkerungsdaten. Dies war auch für statistische Zwecke von großer Bedeutung, um beispielsweise Bevölkerungsentwicklungen, Geburtenraten oder Sterblichkeit zu verfolgen und daraus politische Maßnahmen abzuleiten.
  4. Einheitlichkeit: Die reichsweite Einführung der Standesämter ab 1876 sorgte für eine Vereinheitlichung der Personenstandsbeurkundung im gesamten Deutschen Reich, was die rechtliche und administrative Handhabung erheblich vereinfachte.
  5. Nachvollziehbarkeit familiärer Zusammenhänge: Die Familienbücher (insbesondere in ihrer späteren Form ab 1938 und 1958) sollten den verwandtschaftlichen Zusammenhang innerhalb einer Familie auf einem Blatt deutlich machen. Sie fassten die Informationen zu einer Ehe und den aus ihr hervorgegangenen Kindern zusammen, was für genealogische Zwecke und die Ahnenforschung bis heute von großer Bedeutung ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Führung von Familienbüchern im Rathaus im Herzogtum Baden eng mit der Einführung der Standesämter in den 1870er Jahren verbunden ist und auf dem Bestreben des Staates beruhte, die Personenstandsdaten zentral, einheitlich und rechtssicher zu erfassen und zu verwalten.